Aus der Spinnstube
Bericht von S. H.
Im Bundwerkstadl des Heimatmuseums der Gemeinde Sauerlach gibt es seit einigen Jahren einen Raum, der vornehmlich als Spinnstube benutzt wird und eine Auswahl verschiedener historischer und neuerer Spinnräder beherbergt. In den warmen Monaten treffen sich dort regelmäßig Handarbeitsbegeisterte, um gemeinsam zu Spinnen, Weben, Stricken, Häkeln oder Klöppeln und erfüllen das Gebäude mit Leben.
Neben den vielen alten, wunderschönen Spinnrädern stehen in der Spinnstube noch andere, merkwürdig anmutende Gerätschaften. Ein Spindelrad beispielsweise oder ein großer Schärbaum. Diese Geräte werden seit Herbst wieder benutzt, denn sie werden für die Vorbereitungen zum Weben benötigt. Den meisten Platz in der Spinnstube beanspruchen nämlich zwei Webstühle.
Der Kleinere der beiden, ein Leinenwebstuhl aus dem 19. Jahrhundert, war die letzten Jahre schon in Gebrauch. Auf ihm wurde selbstgesponnenes Leinen zu einem Hemdenstoff verwebt. 12 m Stoff wurden im Spätsommer fertiggestellt.
Der zweite Webstuhl ist mit 160 cm möglicher Webbreite deutlich größer und kann mit bis zu 8 Schäften und 10 Tritten betrieben werden. Aber dieser Webstuhl wollte in früheren Jahren nicht wirklich gut funktionieren, denn es ist schwer, ein so komplexes Präzisionsgerät nur mit geknoteten Schnüren exakt einzustellen. Nicht umsonst ist Weben ein schwieriger und langer Lehrberuf. Um den wunderschönen Webstuhl wieder in Betrieb nehmen zu können, musste zunächst die Verschnürung erneuert werden. Da keiner von uns gelernter Weber ist, statteten wir den Webstuhl zunächst nur mit 4 Schäften und 6 Tritten aus. Alleine für den Austausch der alten, teils gerissenen Schnüre gegen ein neues Schnursystem waren 3 Leute je 6 Stunden lang beschäftigt. Damit stand der Webstuhl erst einmal so da wie zuvor, nur mit neuer Verschnürung.
Wir entschieden uns eine 10 m lange und 125 cm breite Wollkette zu schären, um unsere eigenen handgesponnenen Garne verweben zu können. Das bedeutet, dass 384 Wollfäden mit Hilfe des Schärbaums auf 10 m Länge abgemessen und als Kette in den Webstuhl eingebracht wurden. Diese Arbeitsschritte nennt man Schären und Bäumen der Kette. Danach musste jeder einzelne Faden zunächst durch die richtige Litze im richtigen Schaft und dann durch das Ried gefädelt werden. Schließlich wurden die Kettfäden gleichmäßig am vorderen Warenbaum angebunden. Für diese Arbeitsschritte waren nochmals 2 Leute je 12 Stunden lang beschäftigt. Erst jetzt ist der Webstuhl bereit und, weil die viele Arbeit auch Früchte tragen wollte, die erste Wolldecke bereits gewebt.
Neugierig geworden? Dann besuchen Sie uns doch an einem der Offentage des Museums oder an einem der Museumsfesttage.