Weihnachten in den 50er Jahren - bei uns dahoam

Bericht von A. B.



Die Vorbereitungen für Weihnachten fingen früher bereits im August an. Die Hühner legten im heißen August mehr Eier als im kalten Dezember. Darum sind in der Woche um den 15. August die „Fraueier" haltbar gemacht worden. Meine Mutter wickelte die Eier fest in Zeitungspapier ein. Sie kamen in einen Karton und wurden kühl und dunkel gelagert. Im September wurden Birnen, Äpfel und Zwetschgen geerntet und getrocknet. Im Oktober sammelten wir Nüsse. Sie wurden getrocknet, geöffnet und gemahlen oder gehackt. In der Adventszeit entstanden aus diesen und anderen Zutaten Kletzenbrot, Stollen, Lebkuchen und Plätzchen. Die Adventszeit bestand aus Hausputz, Schlachten, Backen, zur Kirche gehen – Engelamt, Anbetung, Beichten und zu Hause Mittag- und Abendgebete – Wäschewaschen und Stallputzen.

Als es noch keinen Kühlschrank und keine Gefriertruhe gab, wurde in der Weihnachtszeit geschlachtet. Das war der „Weihnachter" oder die Mettensau. Der 24. Dezember war ein Fasttag. Nach der Christmette gab es dann die ersten Leber- und Blutwürste mit Kraut. Die Christmette war immer um Mitternacht und dauerte fast zwei Stunden. Danach schmeckten die Mettenwürste. Die Kühe wurden in der heiligen Nacht mit Weihwasser besprengt. Am 25. Dezember war um sieben Uhr Frühmesse, um zehn Uhr das heilige Hochamt.

Die Bescherung bestand aus Nüssen, Mandarinen, Orangen, Feigen, Datteln und Weihnachtsgebäck. Die Eltern tranken warmen Rotwein, der mit Zimt und Nelken gewürzt war. Wir Kinder bekamen alle Jahre neue Hausschuhe, Unterwäsche und eine Schürze für die Schule. Die Puppe wurde neu eingekleidet und das Puppenbett bekam einen neuen Anstrich. Der Kaufladen war wieder neu aufgefüllt. Mit zehn Jahren bekam ich eine „Negerpuppe". In der damaligen Zeit wurde dieser Begriff noch so verwendet, was heute undenkbar ist. Weihnachten war für uns Kinder das Paradies. Vor Weihnachten kamen auch Hausierer, die alles dabei hatten, was eine Bäuerin als Geschenk für Kinder, Mägde und Knechte brauchte. Wir Mädchen bekamen schon als 12-jährige Aussteuer: Handtücher, Sammeltassen und Silberbesteck, die jedes Jahr mehr wurden.

In den zwei Weihnachtswochen wurde auch die Stube geheizt, sonst war im ganzen Haus nur die Küche warm. Das wichtigste war am Abend der heiße Ziegel im Ofen, den jeder ins Bett mitnahm. In der Weihnachtszeit wurde auch keine Wäsche gewaschen, nur die Kindswäsche. Meine Mutter kaufte einen Karton Orangen, den es nur zur Weihnachtszeit gab. Die Orangen wurden in der „guten Kammer" aufbewahrt. Da es aber sehr kalt war, waren sie zum Fest alle erfroren.

Das Schweinefleisch aus der Schlachtung wurde eingesalzen, in ein Fass geschichtet, mit Wacholder und Kandiszucker gewürzt und mit einem schweren Stein beschwert. Nach sechs Wochen war das Fleisch fertig – es gab Surbraten. Das andere Fleisch wurde in den Kamin gehängt und geräuchert. Weihnachten dauert bis Maria Lichtmess. Bei den Bauern war es die wichtigste Zeit im Jahr, daher wurde sie auch die heilige Zeit genannt.